„Ehrlicher Makler“ verlässt die Kanzel - Pfarrer Wolfgang Meyer geht nach 33 Jahren in den Ruhestand
Bei der ersten Sitzung mit seinem neuen Presbyterium war er nur kurz anwesend, seine Amtszeit in Niederlinxweiler währte umso länger. Nach gut 33 Jahren beendet Wolfgang Meyer zum Jahresende seinen Dienst als evangelischer Gemeindepfarrer in Niederlinxweiler.
Mit ihm geht eine lebendige Institution des St. Wendeler Stadtteils in Ruhestand.
Der gebürtige Saarbrücker wuchs in der Landeshauptstadt und in Karlsbrunn auf. Die Zeit im Warndt prägte ihn. Als Jugendlicher gewann ihn sein damaliger Gemeindepfarrer Werner Schumann als ehrenamtlicher Helfer für den Konfirmandenunterricht. Dank der Erfahrungen, die er in jener Zeit machte, fand er nochmal neu zur Kirche. „Das war für mich so toll. Für die Konfirmanden vielleicht auch“, schmunzelt Meyer. Letztlich habe ihn das zum Theologiestudium gebracht. Er brach sein bereits begonnenes Studium für Mathe und Physik ab und wechselte zum Pfarramt.
Nach dem Studium in Saarbrücken und in Mainz begann er 1988 sein Vikariat, die praktische Pfarrerausbildung, zunächst in Neunkirchen-Wellesweiler. Weil aber sein dortiger Mentor zwischenzeitlich in die Gefängnisseelsorge wechselte, musste für ihn eine neue Gemeinde gefunden werden. Schon zu diesem Zeitpunkt wäre Meyer gerne in den Neunkircher Innenstadt, an die Christuskirche, gewechselt. Dort aber gab es mit dem späteren Diakoniepfarrer Udo Blank bereits einen jungen Theologen. Zwei in einer Gemeinde, das wollte die Landeskirche nicht, um „die Kumpanei unter jungen Brüdern zu unterbinden“, so Meyer lachend. Trotzdem landeten bald beide zusammen an der Christuskirche, wo Meyer im Sommer 1988 ordiniert wurde und seinen Hilfsdienst absolvierte.
Im Folgejahr bewarb sich der heute 65-jährige dann auf die Pfarrstelle in Niederlinxweiler (einschließlich Oberlinxweiler und Remmesweiler) und wurde gewählt – gegen bessere Kandidaten, wie er selbst zugibt. Aber als verheirateter Saarländer versprach er Kontinuität und Kontinuität war etwas, das man in Niederlinxweiler zu diesem Zeitpunkt dringend brauchte. Zuletzt hatten dort Zerwürfnisse mit dem vorigen Pfarrverwalter, einem Gemeindemissionar, zu dessen Weggang geführt. „Wir wollen eigentlich nur, dass wir hier mal wieder ruhige Bahnen haben“, vertraute der damalige Presbyteriumsvorsitzende Rolf Gabler Meyer damals an. Für diese Rolle schien der Jungpfarrer wie gemacht. Mit Wolfgang Meyer zog ein ganz anderer Typ ins Pfarrhaus an der Niederlinxweiler Martin-Luther-Straße ein. Nüchtern, unprätentiös, stets sachlich argumentierend, aber auch mit Augenzwinkern. Dass er aber tatsächlich fast 34 Jahre in Niederlinxweiler bleiben würde, kam für Meyer selbst überraschend.
An die erste Sitzung mit seinem neuen Presbyterium im Juli 1989 erinnert er sich noch gut. Gerade einmal 30 Minuten nach Sitzungsbeginn klingelte das Telefon und rief ihn ins Krankenhaus – seine Frau lag mit dem Sohn in den Wehen. Dessen ungeachtet wurde er nur wenige Monate später selbst zum Vorsitzenden des Presbyteriums gewählt – und blieb es bis 2022. Im Jahr 2004 wurde er zudem zum Skriba (Schriftführer) des damaligen Kirchenkreises St. Wendel gewählt. Wiederum hatte er sich, zu seiner eigenen Überraschung, nach einigen Wahlgängen gegen drei Mitbewerber durchgesetzt. „Da ist gewählt und gewählt worden, über Stunden“, erzählt er. Am Schluss war er Skriba, ein Amt, das er auch im neu gegründeten Kirchenkreis Saar-Ost bekleidete.
Neben seiner Tätigkeit in der eigenen Gemeinde wird Meyer zum Moderator, zu einem Organisator im Hintergrund oder, wie er sich selbst bezeichnet, zum „ehrlichen Makler“. Als inoffizieller Finanzverantwortlicher des Kirchenkreises reist er durch die Lande, plant, organisiert, vermittelt. Bei der Reform der Kirchenkreisgrenzen im Jahr 2009 ist er neben dem damaligen Völklinger Superintendenten Hartmut Richter einer der beiden Architekten des Finanzausgleichs zwischen den neuen Kirchenkreisen. „Es war immer mein Bestreben, dass mit einem Ergebnis alle leben können“, betont er.
Bei einem einzigen Theologen in einer kleinen Gemeinde kommt es nicht selten vor, dass sich der Pfarrer zum Einzelkämpfer und Alphatier entwickelt. Meyer aber war die Gemeinschaft mit den Kolleginnen und Kollegen der Nachbargemeinden immer wichtig. Wie wichtig das sei, habe er schon früh in seinem Berufsleben erfahren, so Meyer. Als er noch nicht lange in Niederlinxweiler war, verstarb ein Kind aus dem evangelischen Kindergarten und ein Kollege übernahm die Beerdigung, danach war er zwei Monate krankgeschrieben. Dieses Ereignis habe ihm früh eine Erkenntnis vermittelt, die ihn sein restliches Berufsleben geprägt hat, nämlich „Auch als Pfarrer kommt man an Grenzen, an denen ich sagen muss ‚Ich kann das nicht‘.“ Seither habe er immer empfohlen, solche schweren Aufgaben nicht allein zu machen, sondern, wenn möglich, gemeinsam mit anderen.
Dieser Gemeinschaft bleibt er auch als „Pfarrer i.R. („in Ruhe“) erhalten. Richtig weg aus der Gemeinde wird Wolfgang Meyer ohnehin auch nach seiner Verabschiedung am 2. Advent nicht sein. Er und seine Frau haben in Niederlinxweiler ein Haus gekauft.
Info:
Pfarrer Wolfgang Meyer wird in einem Gottesdienst am Sonntag, 4. Dezember, um 14 Uhr in der Evangelischen Kirche Niederlinxweiler, Martin-Luther-Straße 3, von seinem Amt entpflichtet. Im Anschluss findet ein Empfang in der Breitwieshalle statt. Um Anmeldung im Gemeindebüro wird gebeten: niederlinxweiler@ekir.de.