03. Mai 2023

Über 30 Jahre auf Malstatts Straßen unterwegs - Reinhard Loos geht als Malstatter Pfarrer in Ruhestand


1991 kam er als neuer Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Malstatt ins Saarland. Am 14. Mai wird er in den Ruhestand verabschiedet. Mit ihm geht ein „Kumpeltyp“, dem es wichtig war, Menschen in seiner Gemeinde auf Augenhöhe zu begegnen – auch auf der Straße und im Supermarkt.

Langweilig wird es ihm ihn Zukunft nicht werden. Seit kurzem hat Reinhard Loos begonnen, ein neues Musikinstrument zu lernen. Stolz präsentiert er sein Tenor-Saxophon, mit dem er in zwei Anfänger-Orchestern spielt. Künftig wird er viel mehr Zeit zum Musizieren haben. Im Juni geht Loos nach 32 Jahren im Dienst der Evangelischen Kirchengemeinde Malstatt in den Ruhestand.

Wenn er von seinem neuen Hobby erzählt, im maritim dekorierten kleinen Wartezimmer neben seinem Büro, dann sprudelt so er vor Enthusiasmus wie die Fisch-Reliefs an der Wand. Vor ihm, auf dem kleinen Beistelltisch, liegen Erinnerungsobjekte aus seiner Dienstzeit, die er für das Gespräch bereitgelegt hat: eine Eintrittskarte zum Evangelischen Kirchentag, Fotos „seiner“ Kirchenfenster, der Wanderpokal des Konfi-Cups, des Fußballturniers für Konfirmanden, das er viele Jahre lang organisiert hat. Man merkt: Ginge es, würde er gerne noch weitermachen.

Geboren und aufgewachsen in Wuppertal und Umgebung wurde sein Interesse an Kirche durch eine Jungschar des Christlichen Vereins Junger Menschen (CVJM) geweckt. Dort gab es einen Gruppenleiter, der früher als Gemeindehelfer war. Für Loos war das ein Vorbild, der den Wunsch in ihm weckte, Diakon zu werden. „Dann aber habe ich Abitur gemacht und gedacht: ‚Dann kannst du auch Theologie studieren‘“. Er tat es u.a. an der Kirchlichen Hochschule in Wuppertal, absolvierte später Vikariat und Hilfsdienst in Duisburg.

Loos, 63 Jahre, trägt seinen gepflegten weißen Bart zu dunklen Haaren. Ein Kumpeltyp in Jeans und buntem Karohemd. Wenn er sagt, dass ihm an seinem Berufsleben vor allem die zufälligen Gespräche auf der Straße oder im Supermarkt gefallen haben, glaubt man ihm das sofort. Überhaupt, ein Theologe, ein akademischer Mensch, sei er nie gewesen, im Studium auch nicht besonders gut. Aber er lernte im Predigerseminar, dass es ganz verschiedene Frömmigkeitsstile und Vermittlungsmethoden gibt. Er fand dort einen Stil für sich: „Wenn Gott Mensch wurde, muss man doch auch verstehen, was er sagt.“ Also nahm er sich vor, so zu reden, dass es alle verstehen, ohne Fremdwörter, für Groß und Klein, für jede Bildungsschicht.

So gesehen passt er nahtlos in die Kirchengemeinde im Saarbrücker Norden, die von sozialem Brennpunkt bis gutbürgerlicher Wohngegend alles zu bieten hat. Dabei kam er nur zufällig ins Saarland. Damals, Anfang der 90er-Jahre, gab es eine Pfarrerschwemme. Loos bewarb sich wieder und wieder, vergeblich. „Mit jeder Absage habe ich meinen Radius erweitert“, sagt er. Bis er, der nie aus dem Ruhrpott weg wollte, schließlich in Saarbrücken landete.

Dass es 30 Jahre in Malstatt werden würden, hatte er freilich nicht geplant. „Nach fünf Jahren im Amt habe ich mich ein paar Mal beworben“, gesteht er. Danach seien die drei Kinder gekommen und es war vorbei mit der Idee, zurück ins Ruhrgebiet zu ziehen. „Das sind halt Saarländer geworden, die wollen nicht weg“, lacht er.

Neben seinem Predigtdienst waren es gerade Kinder, Jugendliche und Familien, die sein Berufsleben begleiteten. 1994 wurde er Beauftragter für Jugendarbeit im ehemaligen Kirchenkreis Saarbrücken. Fast 20 Jahren blieb er in dieser Funktion, die ersten Jahre, nach dem Weggang des damaligen Jugendpfarrers Jochen Bohl, auch als kommissarischer Leiter des damaligen Evangelischen Jugendwerks, später als Jugendpfarrer an der Saar. Zunächst übte er das Amt lange ehrenamtlich aus, zusätzlich zu seiner Gemeinde, dann ab 2014 zu je einer halben Stelle in Gemeinde und Jugendpfarramt. Mit der Abwicklung des Jugendwerks und dem Aufbau der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend Saar (aej saar) zum Jugendverband erlebte er richtungsweisende Strukturveränderungen mit.

Viel ausprobiert wurde damals, Gottesdienstreihen mit Jugendlichen für alle entwickelt. Gerne erinnert sich Loos daran zurück. Etwa an einen Gottesdienst auf dem Schiff, ein anderer in der zum Kaminzimmer umfunktionierten Malstatter Kirche. Legendär waren auch seine Andachten im Rahmen der Vollversammlungen der aej saar. Häufig improvisiert, immer mit der zwölfsaitigen Gitarre, die ihn seit 1980 begleitet. „Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben“ entwickelt sich zum Kult.

Doch das Leben hatte auch Misstöne. „Das mit den beiden halben Stellen zusammen hat nicht hingehauen“, bedauert Loos. Die Aktenberge türmten sich doppelt auf seinem Schreibtisch, Termine als Jugendpfarrer waren häufig nicht vereinbar mit den Verpflichtungen eines Gemeindepfarrers. Hinzu kamen gesundheitliche Probleme, die Loos zunehmend belasteten. 2018 zieht er die Reißleine und gibt die Jugendpfarrstelle endgültig auf. Der Zeitpunkt bot sich an, da er durch den Eintritt in den Ruhestand seines Kollegen und seiner Kollegin wieder in Vollzeit in den Gemeindedienst zurückkehren konnte.
In den letzten Jahren ließ er es ruhiger angehen. Mehr Amtshandlungen, weniger Gremienarbeit und vor allem weniger Verwaltung. Ein hauptamtlicher Diakon unterstützte ihn in vielerlei Bereichen.

Im Mai wird Reinhard Loos aus dem Dienst der Kirchengemeinde Malstatt verabschiedet. Ganz weg sein wird er nicht. Seine Frau und er werden im Pfarrhaus in der Hochwaldstraße wohnen bleiben. Vielleicht wird man ihn also auch noch künftig auf den Straßen Malstatts begegnen.

Info:
Reinhard Loos wird am Sonntag, 14. Mai, in einem festlichen Gottesdienst um 15 Uhr im Evangelischen Gemeindezentrum Knappenroth in Malstatt entpflichtet. Im Anschluss lädt die Kirchengemeinde Malstatt zu einem Empfang ein.

 





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